Das Bemerkenswerte an diesem Spruch ist sicher die Sator-Rotas Formel, welche neben dem Abracadabra die verbreitetste Zauberformel des Abendlandes darstellt. Meist ist sie jedoch als magisches Quadrat anzutreffen und wird häufig auch in umgekehrter Reihenfolge als Rotas-Sator geschrieben. In der Quadratform bietet die Formel ein komplexes Palindrom, denn die gleiche Aussage läßt sich von allen vier Ecken in waagerechter und in senkrechter Richtung lesen.

S A T O R
A R E P O
T E N E T
O P E R A
R O T A S
R O T A S
O P E R A
T E N E T
A R E P O
S A T O R

Das erste Zeugnis der Formel stammt aus Pompeji und ihr Ursprung wird in Zusammenhang mit dem Mithraskult gesehen. römischer Ziegel aus ManchesterZwei römische Funde aus Cirencester und Manchester belegen, daß die Formel von den Römern nach England mitgebracht wurde.

Die Deutungsversuche des Quadrats und des lateinischen Textes sind sehr vielfältig und führen über Zahlenersatz bis hin zur Buchstabenmischung (als Anagramm) zu beachtlichen Ergebnissen. Wählt man etwa geometrisch relevante Positionen im Quadrat aus und interpretiert die darin befindlichen Buchstaben als Zahlenwerte nach griechischer bzw. semitischer Schreibweise, so läßt sich mit einigen arithmetischen Grundoperationen die astronomische Präzessionsperiode, das Platonisches Jahr ableiten. Als Anagramm lassen sich die Buchstaben zu einer Satansbeschwörung oder zu einem Paternoster-Kreuz zusammensetzen. Daß die Formel im frühen Mittelalter auch Einzug in das christlich-religiöse Umfeld hielt, zeigt neben ihrem Auftreten in diesem Spruch eine Steininschrift aus dem 9. Jh. im Mauerwerk der Kirche San Pietro ad Oratorium in den Abruzzen, sowie ein Mosaikpflaster des 11. Jh., welches sich in der lombardischen Pfarrkirche Pieve Terzagni befindet.

Bei dem vorliegenden Spruch ist die Sator-Formel zwischen zwei Gebete eingeschoben. Während das erste Gebet die Segnung einer Opfergabe zum Seelenheil des Angesprochenen beinhaltet, bezieht sich das zweite Gebet auf die Vermählung einer Frau mit der Bitte um eine problemlose Geburt. Vorerst sind beide Teile inhaltlich unabhängig voneinander zu verstehen, doch mag die Sator- Formel in ihrer wörtlichen Übersetzung "Der Sämann Arepo lenkt mit Arbeit die Räder" eine Verknüpfung herzustellen. Der Bräutigam - metaphorisch mit sator umschrieben - dessen Seele im ersten Gebet durch ein Opfer bestärkt wird, soll Gottes Willen zur Vermehrung verrichten - tenet opera rotas - und seine Angetraute soll die Frucht dieses Wirkens glücklich und schmerzlos empfangen. Demnach wäre der gesamte Text im Kontext der Ehe-Einsegnung zu verstehen. Nach überlieferten Quellen sollte die Einsegnung von einem Priester durch Gebete und Almosenopfer vollzogen werden, womit nun auch die elemasina (Almosen) des ersten Gebetes (Z. 4) erklärbar wären.

Die Einbeziehung ursprünglich heidnischer Elemente in einem rein christlichen Kontext wird in diesem Spruch sehr eindringlich dokumentiert. Diese Mischung unterschiedlicher Bezugsbereiche, ob nun heidnisch-christlich oder christlich-juristisch wie im Spruch gegen Diebstahl ist ein typisches Merkmal vieler Zaubersprüche.